Gespräch: Alois Epner, Begleiter von Pilgerfahrten aus Österreich

Datum: 26.10.2007.

Alois Epner ist 76 Jahre alt, pensionierte Volksschullehrer aus Oberösterreich, geboren ist er als Volksdeutscher in Kroatien im Dorf Ceric nahe bei Vinkovci. Aus seinem Geburtsort musste er im Oktober 1944 mit seinen Eltern vor den Partisanen flüchten. Als Schüler hat er teilweise die kroatische  und zum Schluss die deutsche Hauptschule besucht. Obwohl er eine neue Heimat in Oberösterreich gefunden hat, hat er die alte Heimat seiner Kindertage niemals vergessen. In der Karwoche 1984 kam er zum ersten Male mit Medjugorje in Kontakt. Seither kommt er häufig als Pilger. Wenn er von seinen Erfahrungen spricht, füllen sich seine Augen mit Tränen. (das Gespräch führte: Krešo Šego)

 

 

Herr Epner, Sie kommen nun schon seit vielen Jahren als Pilger und als Pilgerbegleiter nach Medjugorje. Wann haben Sie zum ersten Male diesen Ort besucht oder besser gesagt, wie haben Sie  erfahren, dass in Medjugorje die Königin des Friedens erscheint? 

 

In unserer Presse gibt es von Zeit zu Zeit auch solche Berichte, freilich sind das mehr Sensationsberichte. So habe auch ich von einem Bekannten eine Zeitung mit dem Bericht über Medjugorje und die Erscheinungen bekommen. Mein erster Eindruck war: wir haben Lourdes, Fatima und La Salette. Wir brauchen nichts anderes mehr, was zu tun ist, wissen wir schon. Es gibt mehrere die heute Erscheinungen vorgeben und manchmal auch Drohungen, wenn ihr nicht…!  Darum habe ich den Bericht mit sehr kritischen Augen gelesen. Wohlgemerkt, ich war schon seit meiner Kindheit mit Maria verbunden, allerdings habe ich sie mehr als Königin des Himmels verehrt.

Bei einem Vortrag über Pater Pio hat eine Bekannte über Medjugorje gesprochen. Meine skeptische Frage an sie war: Ist da was Wahres dran? Ihre Antwort war kurz und bündig: Geh hin und schaue selbst! Ich ging. Die Pilgergruppe war sehr fromm und für meine Begriffe auf Leistung getrimmt. Das war mir etwas suspekt, und ich wollte wieder nachhause fahren, weil ich dachte, wenn das Medjugorje ist, ist das nichts für mich.

So kam ich dann doch im März 1984 bis Medjugorje, unausgeschlafen und todmüde. Ich erkannte aber, dass das nicht alles ist, es muss da mehr sein!

Man ging auf den Kreuzberg, ich nicht. Ich schaute mich in Medjugorje am Berghang etwas um, da begegnete ich einem jungen Burschen aus Medjugorje, Stipe war sein Name. Er führte mich in sein Haus und wir sprachen sehr viel, hauptsächlich über Dinge, die sich außerhalb des Seherkreises ereigneten. Wir besuchten Jelena. Ich merkte sofort die Ehrlichkeit und die Aufrichtigkeit dieses Kindes und ich war fasziniert. Ich wollte mit den Sehern Kontakt bekommen und Stipe hat es geschafft, mich dem Ivan vorzustellen. Das war aber keine „Begegnung“ mit der Gospa. Ich hatte nie eine persönliche Begegnung mit der Gospa, aber sie war schon in mir. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als die sechs Seher von der Sakristei ausgehend über den Altarraum in einen Seitenraum rechts vom Presbyterium gingen. Da war es uns, als seien wir mitten dabei. Da gab es für uns wie Vicka sagt, keine Wand mehr, wir sahen nichts, aber wir spürten Ihre Anwesenheit. Wir waren ganz fasziniert, wir blickten die ursprüngliche Statue an, die auf der Epistelseite stand, ungefähr dort, wo jetzt der Chor singt, aber hinter dieser Statue sah unser geistiges Auge die Mutter, unsere Augen waren tränennass. Wir lagen, knieten, kauerten wie benommen.

 

Was hat Sie bewogen oder veranlasst, diesen damals in den achtziger Jahren noch kleinen, unbedeutenden Ort zu besuchen?

 

Zur damaligen Zeit war ich auf der Suche nach mir selbst, ich war mit meinem momentanen Leben nicht zufrieden. Ich war zwar Katholik und Kirchgeher, aber ich schwamm an der Oberfläche. In der Tiefe, in meinem Inneren war nichts zu finden, was mich ausfüllen hätte können. Ich fühlte, dass es so nicht weitergehen kann, ich wusste aber nicht wie ich etwas anders machen soll. Wohl las ich öfters in der hl. Schrift, aber mit der Zeit kannte ich alle Stellen, aber nur im Hirn. Eine persönliche Gottesbeziehung kannte ich nicht. Ich war sehr verzweifelt. Medjugorje war damals noch überschaubar klein, so dass Ivan meine Frage an die Gospa stellen konnte: „Werde sich jener Mann von diesem Zustand befreien?“ Es kam aber keine Antwort, was damals aber manchmal möglich war. Da stellten wir die Frage anders: „Was muss ich tun, um aus dieser prekären Situation zu kommen?“ Und da kam die Antwort:

„Soviel als möglich zu beten, sich meinem Sohne Jesus weihen und alles Andere Gott überlassen!“ Die Gospa hat nun genau die drei Punkte getroffen, auf die es bei mir ankam. Ich hatte als Kind gerne Rosenkranz gebetet. Bei Bombenangriffen im zweiten Weltkrieg habe ich allen anderen voran mit meinem Bruder im Schutzkeller laut den Rosenkranz gebet. Das ging aber dann in der Pubertätszeit verloren. Ich konnte nicht mehr beten und jetzt soll ich soviel als möglich beten. Ich musste mich dazu zwingen, das aber war sehr hart und mühsam.

Schritt um Schritt konnte ich nun schon ein Gesätzchen des Rosenkranzes beten. Ich empfand es auf einmal nicht mehr monoton und fad, es bekam Farbe. Erst nach etwa zwei Monaten war etwas in mir, das mir sagte: Wenn du beten willst, dann nimm dir Zeit, setz dich hin und bete still. Das war nun möglich. Die zweite Aufforderung: sich ihrem Sohn Jesus weihen, war noch schwieriger, denn ich empfand, dass ich dann nicht mehr Herr über mich selbst wäre und ich wollte doch selbst alles machen. Weihe war für mich wie etwas hergeben, mich selbst und das wollte ich nicht. Bis ich begriff, dass die Weihe eine Hilfe ist und kein absoluter Machtanspruch Gottes. Langsam konnte ich mein Leben Gott anvertrauen. Was mir heute nach 23 Jahren Medjugorje noch immer schwer fällt, ist, Gott alles zu überlassen. Ich begreife nur schwer, dass Gott alles gut, ja besser machen kann.

 

 

Was haben Sie sich von dieser ersten Pilgerreise erwartet und was haben Sie dann erlebt? Haben Sie jemals daran gedacht, dass das ein unnötiges Zeit- und Geldvergeuden ist?

 

 

Nun, was ich geschildert habe, das habe ich von Anfang meiner Pilgerreisen erwartet. Ich war nie der Meinung, dass die Reisen nutzlos seien, ich habe es ja anders erlebt. Wenn sie mich fragen, was ich sonst noch erlebt habe: Nun gesehen habe ich nie etwas, auch nicht was andere zu sehen vorgaben. Einmal standen einige Leute um mich herum und blickten auf den Kreuzberg, sie bemerkten eine merkwürdige Erscheinung. Ich aber sah nichts. Da sagte ich halblaut zu mir: Ich werde wohl nicht würdig sein, etwas zu sehen. Da sagte eine einheimische Frau, die Hände in die Hüften gestemmt: Würdig? Würdig sind wir alle nicht, du aber brauchst es nicht, um zu glauben.

 

 

Hatte Medjugorje einen Einfluss auf Ihr Lebenund auf das Leben Ihrer Familie? Wenn ja, schildern Sie uns, auf welche Art und Weise. Was hat sich seither verändert?

 

Sicher habe ich am Anfang geglaubt, auch meine ganze Familie mit einbeziehen zu können. Das war mein Wunsch und er ist es bis heute geblieben. Manchmal denke ich, die Gospa versteht nicht, was es heißt, erwachsene Kinder zu animieren. Wir können dafür beten, sonst können wir nichts tun, als sie Gott anvertrauen und ihnen täglich den Segen Gottes und der Gottesmutter Maria herabrufen. Wenn das eine Änderung bewirkt, dann möge es nach Gottes Willen geschehen. Sehr oft habe ich den Kreuzweg betend kleinere Steine bis unter das Kreuz getragen, jedem Stein einen Namen meiner Kinder oder Verwandten gegeben und sie zu Füssen des Kreuzes unter Tränen niedergelegt: „Mutter, nimm sie in Deine Hand und lass ihre Hand niemals los.“ 

 

Sie waren ja bis 1984 auch praktizierender Katholik, was hat sich aber in Ihrem Glaubensleben verändert? Ich denke da an das Gebet, den Rosenkranz, an den Besuch der hl. Messe.

 

Ja, ich ging regelmäßig zur Kirche, nicht nur um die Zeit abzusitzen, aber trotzdem fand ich nicht, was ich suchte. Gebetet habe ich, wenn ich Zeit hatte oder mir kurze Augenblicke dafür nahm. Wie gesagt, den Rosenkranz schätzte ich nicht. Sie fragen mich, was sich seit meinem Kontakt mit Medjugorje verändert hat: Ich versuche wieder regelmäßig zu beten. Ich nahm auch Kontakt mit Mitpilgern auf und wir bildeten eine oder zwei Gebetsgruppen. Wöchentlich einmal. Eine Gruppe leite ich selbst. Es ist erfreulich zu sehen, wie sich Menschen in ihrem Inneren wandeln oder gewandelt werden. Im Nachhinein kann ich aber feststellen, dass ich noch lange kein Heiliger bin, aber eine innere Festigung bemerke ich rückblickend.

 

 

Bald darauf brcahten Sie dann auch Ihre erste Pilgergruppe. Wann war das?

 

 

Das war im März 1985, in der Karwoche. Ich wollte aber aus meiner schlechten Erfahrung mit Nachtfahrten nicht über Nacht fahren, und so musste ich eine Übernachtung im Hotel einberaumen. Hauptsächlich in Otocec bei Novo Mesto. Es war mir aber auch lieber, denn da konnten wir im Bus alles vorbereiten, was für die Einzelnen in Medjugorje wichtig ist. Vor allem die Änderung der persönlichen Lebensgestaltung – die Umkehr. Ganz sicher haben wir auch der Neugier der Pilger Rechnung getragen und die Erscheinung nach den Schilderungen der Seher erörtert. Manche finden das nicht nötig, aber die Erscheinung und andere Phänomene, die sich in Medjugorje ereignet haben, hat ja auch der Himmel gewollt und zugelassen, warum sollen wir nicht auch davon sprechen. Da sind sicher Bestätigungen des Himmels und eine Art Garantie, dass die Geschehnisse von Gott kommen. Sie stärken den Glauben. Die Botschaften aber sind Anleitungen, wie wir den Weg zu unserem Heil und zu unserer Heiligkeit gehen können. Anfänglich war es so, dass man zu den Sehern viel Kontakt hatte. Nun aber ist es so, dass der Kontakt zu den Sehern zusehends abnimmt. Wir Pilger konzentrieren uns nun auf das Dreieck: Kirche- Kreuzberg- Erscheinungsberg und das lenkt uns auf das Wesentliche – die Botschaften zu verwirklichen, wir selbst und andere. Es erfüllt uns auch, dass wir mit den „Früchten“ von Medjugorje konfrontiert werden. (Cenacolo, Mutterdorf, und viele andere segensreiche Einrichtungen, die aufgrund der Botschaften entstanden sind, aber, Gott sei Dank,  nicht nur in Medjugorje. 

 

 

Sie leiten bis zum heutigen Tage Pilgergruppen. Was erwarten die Leute von Medjugorje? Kommen manche auch öfters oder sind es immer neue Gottsucher?

 

Manchmal ist es Neugierde, meistens ist es aber eine persönliche Not und eine große Sehnsucht, innerlich zu gesunden, was die Pilger nach Medjugorje zu gehen bewegt. Vielfach ist es so, dass die Pilger auf der Heimfahrt anders sind als bei der Hinfahrt. Sie haben etwas erlebt, was sie veranlasst, anders zu denken. Man merkt die Gnade, die die Gottesmutter vermittelt. Das hören wir besonders bei den Berichten vor dem Mikrofon im Bus. Viele kommen immer wieder mit uns, sind also schon alte Bekannte. Aber immer suchen sie ihr Leben von neuem inspirieren zu lassen, aufzufrischen, denn der Mensch weiß, dass man etwas oft, sehr oft tun muss, damit es einem zur Gewohnheit wird, zur guten Gewohnheit.

 

Österreich ist ein reiches Land, die Menschen haben gute Arbeitsmöglichkeiten, haben also demgemäß einen hohen Lebensstandard und dennoch begeben sich die Menschen auf diese nicht kurze Pilgerreise. Was bewegt die Menschen, diesen Ort des Gebetes zu besuchen? Ist er der Wunsch nach einem Erlebnis, ist es Reiselust oder ist es doch  eine tiefere  Sehnsucht im Menschen ?

 

Es ist schon so, dass Österreich ein reiches Land ist, dass aber der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern aus der Erfüllung mit dem Gotteswort. Materieller Reichtum kann einem zum Verhängnis werden. Darum zieht es ja die Menschen an einen Ort, wo man glaubt, etwas anderes zu finden als Geld und Gut. Es gibt viele Ehen, die am Wohlstand zerbrechen und Jugendliche, die ausbrechen, wir sehen es ja im Cenacolo. Auch unsere Seelen ersticken im materiellen Reichtum. Weniger wäre besser, aber wer macht den Anfang bei sich selbst?

Es ist erstaunlich, wie die Leute hier in Medjugorje lange in der Kirche verweilen, beten, beichten, um eine Last ablegen zu können. In Medjugorje verhalten sich auch unsere Pilger anders; wie sie es zu Hause nicht tun können, ohne aufzufallen und wer will schon auffallen?

Es ist also keine Reise, um etwas zu erleben oder andere Länder zu sehen, es ist die Sehnsucht in der Tiefe im Menschen, Gott zu begegnen. Das kann man hier mit der Hilfe der Gospa erfahren. Das ist ein Beweis, dass der Mensch nicht vom Brot allein leben kann.

 

 

Wenn sie sich mit den Pilgern auf die Reise begeben, wovon ist die Rede dann im Autobus? Was ist für die Pilger wichtig? Mag sein, dass da die Rede von interessanten Erfahrungen ist?  

 

 

 

Unsere Pilger wissen meist worum es geht, darum können wir mit Gebet und Gesang beginnen. Den Neulingen sage ich meistens, dass in diesen Tagen mehr gebetet wird als sonst, das aber ist wichtig. Wir sprechen von den Erscheinungen, auch eine Neugier muss befriedigt werden. Wäre das nicht, hätte die Gospa die Neugier abgelehnt. Sie aber benützt sie, um über eine gewisse Neugier zum Wesentlichen zu führen.

 

 

Bemerkt man, dass die Leute beginnen, die Botschaften der Königin des Friedens zu leben? Ändern sich die Leute?

 

Ja, das bemerkt man immer wieder. Die Leute haben den guten Willen und den Vorsatz, ihr Leben nach den Botschaften auszurichten. Aber der Geist ist willig…..  darum müssen wir immer wieder nach Medjugorje fahren, um unsere Vorsätze zu erneuern oder gar vertiefen.

Langsam ändert sich der Mensch, aber was beständig sein soll, muss wachsen. 

 

 

Was bedeuten - ihrer Erfahrung nach - die Botschaften der Königin des Friedens für den Menschen von heute, ja für die ganze Menschheit?  Können Sie sich eine Welt vorstellen, wie sie wäre, wenn uns Gott diese Zeit der Gnaden nicht schenkte ?

 

Die Botschaften sind wirkliche und notwendige Orientierungshilfen für uns heutige Menschen. Wenn ich die Berichte betrachte, wie die Botschaften von Europa über Nord- und Südamerika, über Afrika, China, Indien und bis nach Japan verwirklicht werden und Änderung bewirken, so glaube ich, dass unsere Zeit nach diesen Gnaden hungert. Dank sei der Königin des Friedens hier in Medjugorje, dass sie bereit ist, diese hohe Zeit der Gnaden zu vermitteln. Die Welt geht einen Weg, der unüberschaubar wird, womöglich auch in einen Abgrund führt, er würde auch in den Abgrund führen, wenn Gott uns nicht einen anderen Weg zeigte, dass der Mensch nicht vom materiellen Reichtum allein leben kann. Das ist unser Problem in einem vom Reichtum gesegneten Land. Wir haben ihn nicht verdient und werden auch nicht für etwas belohnt. Es ist eine Versuchung, die einseitig benützt große seelische Not bringt. Wir bemühen uns, unseren Reichtum mit armen Ländern zu teilen. Wir könnten in dieser Hinsicht mehr leisten. Bitten wir Gott, dass er uns die Gnade der Ernüchterung schenkt. Unsere Jugend beginnt langsam umzudenken und ist auf der Suche nach beständigen Werten, nach Gott, der in ihnen langsam geboren wird. Das jährliche Jugendfestival gewinnt immer mehr an Interesse. Nicht alle, wir wissen das, wir müssen für sie viel beten und noch eine Menge Steinchen auf den Kreuzberg und auf den Erscheinungsberg tragen, dass die Menschen Gottes Barmherzigkeit annehmen.