Die dritte Meditation: Pater Stanko Mabić spricht über die Wüste, das Schweigen und die Stille

Datum: 08.03.2021.

„Wir befinden uns in der Fastenzeit. Wenn wir die liturgischen Lesungen lesen, wenn wir sie betrachten, wenn wir auf verschiedene Meditationen stoßen, die von der Fastenzeit sprechen, stoßen wir oft auf das Wort WÜSTE. Ich habe mich dazu entschieden, mit Ihnen meine Überlegungen über die Wüste zu teilen. Wenn ich das Wort Wüste höre und ich glaube, dass es Ihnen ebenso geht, dann klingt das irgendwie exotisch. Wir würden gerne in diese Wüste, auf eine Touristenreise gehen, gut ausgestattet mit vielen erfrischenden Getränken und einer Kamera, in einem Auto mit Klimaanlage und ein oder zwei Tage oder eine Woche dort verbringen. Doch nur wenige beschließen, in die Wüste zu gehen, um dort dann viele Jahre lang spärlich zu leben“, sagte Pater Stanko Mabić am Anfang der dritten Meditation zur Fastenzeit.

In der Fastenzeit bereitet die Pfarrei Medjugorje und das Informationszentrum Mir Medjugorje an jedem Mittwoch eine Meditation vor. Die Meditationen werden am Mittwochabend nach dem Gebetsprogramm auf unseren Videoplattformen ausgestrahlt. Die Meditationen halten Pater Marinko Šakota, Pater Stanko Mabić und Pater Ante Vučković.

Pater Stanko Mabić sagte in seiner Meditation, dass wenn er die biblischen Texte liest, zum Beispiel über Johannes den Täufer, der 15 Jahre in der Wüste verbrachte, oder über einige andere, die erste Assoziation für ihn die Stille sei.

„Schweigen. Der Mensch ist dort alleine. Es ist niemand da. Nachts hört er nichts, weder seine eigene Stimme noch die Stimme anderer Menschen. Doch dieses Schweigen in der Wüste ist immer noch nicht die Stille. Das Schweigen kann eine Bedingung für die Stille sein, aber die Stille vollzieht sich im Herzen. Sie ist etwas anderes. Die Stille, nach der wir streben, ist nicht in der Wüste. Sie befindet sich auch nicht in Klöstern. Wir können in ein Kartäuserkloster gehen, in dem die Menschen die meiste Zeit schweigen, oder an einen anderen Ort ... die Wüste oder die Stille befindet sich in unserem Herzen. Wir begegnen Gott in der Stille des Herzens. Die Wüste führt in die Stille, und die Stille führt uns in die tiefe, enge Vertrautheit mit Gott. Wüste, Stille und Einsamkeit müssen keine Orte sein, wie die Sahara, die judäische oder ägyptische Wüste… Ich würde den Schwerpunkt nicht auf den Ort legen, sondern auf den Zustand der Stille in unserem Geist, in unserem Herzen“, sagte Pater Stanko Mabić und stellte uns den hl. Antonius Einsiedler, den Vater des Mönchtums vor, der sein ganzes Leben in der Wüste verbrachte. Er sagte: "Wer in die Wüste geht, um den Frieden mit Gott zu bewahren, ist befreit von drei Kriegen: dem Krieg des Zuhörens, dem Krieg des Zuschauens und dem Krieg des Sprechens. Es verbleibt nur noch ein Krieg: der Krieg des Herzens.“

„Der Krieg findet in unserem Herzen statt, das bedeutet, dass die Einsamkeit nicht genug ist, dass es nicht ausreichend ist, in die Wüste zu gehen, wo alles um uns herum schweigt, sondern wir sollten uns bemühen, die Stille im Herzen zu erreichen. Es ist unser Hauptschlachtfeld, da herrscht der Kriegszustand, aber die äußere Stille, wie in der Wüste ist ein ausgezeichnetes, sogar notwendiges Ambiente, um den Krieg, um die Stille in unserem Herzen zu gewinnen. Die Einsamkeit und das äußerliche Schweigen reichen also nicht aus. Wir sollten zulassen, dass die Strahlen des Evangeliums unser Inneres mit den Strahlen bedingungsloser Liebe erleuchten, mit den stillen Strahlen der Gegenwart Gottes, denn Gott wohnt in der Stille unseres Herzens. In der Wüste zu leben bedeutet nicht nur, ohne Menschen zu sein, sondern mit Gott und für Gott zu leben. Wer mit Gott lebt, ist niemals allein, selbst wenn er alleine ist. Ein Herz, das in der Stille weilt, ist gleichzeitig ein Herz, erfüllt von Liebe. Der himmlische Vater erwartet Seine Kinder, direkt in ihren Herzen und nicht an irgendwelchen entfernten Orten, sei es die Wüste, das Meer oder der Stadtmarkt“, sagte Pater Stanko Mabić. Er kehrte erneut zur Bibel zurück und betonte: „Kein Prophet ist Gott begegnet, wenn er sich nicht in die Einsamkeit und Stille oder wortwörtlich sogar in die Wüste zurückgezogen hat.“

Die Gotteserfahrung ist untrennbar von der Wüstenerfahrung. Große Dinge beginnen in der Wüste, in der Stille, in der Einsamkeit. Lasst uns das Bild von der Erschaffung der Welt nehmen. Versuchen wir uns vorzustellen, wie es war: Auf den ersten Seiten der Bibel lesen wir, wie der Geist Gottes über den Wassern schwebte. (Gen 1, 2) Finsternis lag über der Urflut- und Gott schied das Licht von der Finsternis. (Gen 1: 4) Wenn ich darüber nachsinne, stelle ich mir vor, dass alles in vollkommener Stille geschieht. Gott sagt nur ein Wort: „Es werde…!“ und es wurde. Das Licht schied sich von der Finsternis“, sagte Pater Stanko. Nach dem Bild der Erschaffung der Welt brachte er andere biblische Bilder der Stille und Wüste, die Gott als Freund der Stille nennt.

„Als Er seinen Sohn auf die Erde sandte, als der Sohn Gottes geboren wurde, herrschte ebenfalls Stille. Er wurde außerhalb von Bethlehem - in der Nacht - in einer Grotte geboren. Gott sandte Abraham in das verheißene Land, wo Milch und Honig fließen, nach Judäa - und Judäa ist größtenteils eine Wüste. Als Gott Sein Volk aus der ägyptischen Knechtschaft herausführte, führte Er es durch die Wüste, denn durch die Wüste reinigt sich der Mensch. Das Wort Gottes erging an Johannes den Täufer, der mehr als 15 Jahre in der Wüste war und sein Herz vorbereitete“. Pater Stanko führte weiterhin auf, wie der Engel Gabriel Maria erschien. Wir würden in der Bibel nirgends lesen, dass Maria ihn gesehen habe. Sie hat ihn nur gehört. Damit Maria die Stimme des Engels hören konnte, musste sowohl um sie herum, als auch in ihrem Herzen, in ihren Gedanken, Stille sein. Der selbe Engel habe sich auch bei bei Zacharias gemeldet, um ihm zu sagen, dass seine Frau ein Kind gebären würde. Zacharias hätte den Engel gehört, aber nicht nur den Engel.

„Zacharias hörte viele Stimmen in seinem Herzen und diese Stimmen erregten sein Misstrauen. Er hatte keinen Glauben. Deshalb sagte ihm der Engel: ‚Du sollst stumm sein und nicht reden können bis zu dem Tag, an dem all das eintrifft‘. (Lk 1,20) Auf den ersten Blick scheint es so, als würde der Engel ihn bestrafen, aber nein. Tatsächlich belohnte ihn der Engel. Er gab ihm Gnade: Neun Monate Wüste, neun Monate Stille. Ich bin überzeugt davon, dass er in dieser Stille, in der er nicht sprechen konnte, jeden Tag über die Worte nachdachte, die Gott ihm durch den Erzengel Gabriel gesagt hatte“, so sagte uns Pater Stanko Mabić in seiner Meditation. Danach setzt er mit dem hl. Joseph, dem Bräutigam, fort.

„Die Bibel erwähnt keines seiner Worte. Er schwieg, lebte in Stille, anders. In dieser Stille hat Gott ihn, sicherlich noch im Mutterleib, zum Nährvater, zum Hüter seines Sohnes bestimmt. Dieser Joseph wurde ‚gerecht‘ genannt. (Mt 1,19) Er hätte diesen Namen niemals bekommen, wenn er seine Zeit um Vergnügen zu haben in Gesellschaft verbracht hätte... Er schwieg und erledigte fleißig seine Arbeit. Seine Werkstatt war seine Wüste, in der er den Herrn mit seiner Arbeit verherrlichte; und in dieser Stille hört er den Engel. Er erschien ihm im Traum. ‚Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter…‘. (Mt 2,13) Gott sprach zu ihm, weil sein Herz in Stille zuhörte; und so konnte er dem Ruf folgen. Wenn Lärm in seinem Herzen gewesen wäre, verschiedene andere Gedanken, dann würde es heftige Gespräche und Streitigkeiten geben und er wäre nicht sofort gehorsam“, sagte uns Pater Stanko und er erklärte, wie Jesus während Seines Urteils vor Pilatus und auf dem Kreuzweg weitgehend schwieg. Warum schwieg Er? Das Schweigen ist ein wesentlicher Bestandteil der Verkündigung des Himmelreiches. Da versammelten sich die ganze jüdische und römische soziale Oberschicht, dort waren alle Oberhäupter und Priester, Pontius Pilatus… da hätte Er sprechen können – aber Er schwieg. Er schwieg nicht nur äußerlich. Er schwieg auch in Seinem Herzen. Es war kein Schweigen, das in sich Hass, Rache und Murren trägt, sondern ein Schweigen, in dem Er liebt. Dieses Schweigen kann möglicherweise mehr sagen als das gesprochene Wort.“ Danach führte Pater Stanko Beispiele des hl. Paulus und hl. Franziskus auf, die die Stimme Jesu erst hörten, als der Lärm in ihren Herzen verschwand.

„Daher sind die Wüste, die Einsamkeit, die Stille notwendig, damit wir in uns selbst eintreten und demjenigen begegnen können, der in uns ist. Der wesentliche Punkt der Begegnung mit Gott liegt in uns, in der inneren Kammer unseres Geistes. Wahres Gebet ist die Begegnung mit Gott. In unserem Herzen, wo wir Gott in Stille begegnen wollen, gibt es verschiedene Räume. Jesus sagt: ‚Zieh dich in deine Kammer zurück` (Mt 6,6), in die Stille, in die Einsamkeit, aber in unseren Herzen gibt es verschiedene Räume: den Disco-Raum, Einkaufsraum, Aktivitätsraum, Raum der Angst… aber auch einen Raum für Stille. In diesem Raum wohnt der Herr. Wir müssen viele Räume umgehen und zum tiefsten Teil des Herzens zu gelangen, wo sich dieser Raum der Stille befindet. Wir müssen in diesen Raum gelangen, denn in diesem Raum, in dieser Stille, wartet der Herr auf uns. Da, in der Einsamkeit und der Stille, tritt der Mensch vor Gott, in dem Wunsch, eine innige Beziehung in Liebe zu Ihm aufzubauen.

Wir können nicht mit Worten in die intimsten Tiefen des Mysteriums Gottes eindringen, sondern mit Schweigen, Stille. Wir müssen in uns selbst eintreten, indem wir unseren inneren Raum für Gottes Gegenwart öffnen, denn Gott hört wirklich auf unser Herz, nicht auf unsere Worte. Jemand ist beispielsweise überhaupt nicht redegewandt, kein guter Sprecher, aber Gott interessiert es nicht, was für ein Sprecher jemand ist. Er hört auf das Herz. Mose sprach zum Herrn: Wie soll ich reden? Ich stottere, es fällt mir schwer zu sprechen. … Mein Mund und meine Zunge sind schwerfällig. (Ex 4, 10) Dies ist für den Herrn überhaupt nicht wichtig. Wenn wir stotternd anfangen das zu erzählen, was wir in Stille von Gott gehört haben, werden uns alle zuhören. Wenn wir eine große rhetorische Macht haben, aber in unserem Herzen nicht der Herr ist, werden wir niemanden berühren. Die heilige Teresa pflegte zu sagen: ‚Im inneren Gebet, das sich in der Stille vollzieht, in der Wüste des Herzens, ist es nicht wichtig, viel zu denken, sondern viel zu lieben‘“, so sagte Pater Stanko Mabić der seine Meditation mit den Gedanken des jüdischen Königs Salomo endete, der betet: „Herr, gib mir ein Herz das hören kann, gib mir ein Herz das schweigen und dein Wort hören kann“.

Die gesamte Meditation zur Fastenzeit von P. Stanko Mabić können Sie HIER sehen.